Die Volksgemeinschaft und das Fest

Begeisterte Masse

Jubelnde Besucher, dicht gedrängt, beim Hitlergruß, undatiert (vermutlich 1935)

Historisches Museum Hannover, Bildarchiv, Fotograf: Hans Pusen

In seinen Reden am Bückeberg sprach Hitler von der „gewaltigen Erziehungsarbeit“, die der Nationalsozialismus am deutschen Volke zu leisten habe. Mittels der Rituale des Festes wurde die Masse im NS-Sinne geformt und diszipliniert, wurde NS-konformes Verhalten eingeübt. Ziel war die Formung eines Menschen, den Gehorsam, Heldentum und Opferbereitschaft „auszeichneten“.

Das Massenfest sollte einen Beitrag zur Formierung einer solchen Volksgemeinschaft leisten.

Wichtige Faktoren waren

  • Die gemeinschaftliche Anreise:
Viele nutzten die Sonderzüge, die die Bückeberg-Fahrer selbst zu schmücken hatten. Manche wanderten in Gruppen in mehreren Tagesmärschen zum Bückeberg.
  • Der Aufmarsch von Hunderttausenden in gewaltigen Marschsäulen, der einen Eindruck von der Wucht und Geschlossenheit der Bewegung vermitteln sollte:
„Die deutsche Nation ist eben drauf und dran, endlich einmal ihren Lebensstil zu finden. … Es ist der Stil einer marschierenden Kolonne.“ (Alfred Rosenberg, 1935, in Ders., Gestaltung der Idee, München 1936, S. 303.)

Gemeinschaftliches Singen, mit Militärorchester und vieltausendköpfigem Massenchor samt Dirigenten, undatiert (vermutlich 1935)

Historisches Museum Hannover, Bildarchiv, Fotograf: Hans Pusen

  • Das gemeinschaftliche Warten, Singen und Jubeln
  • Das Erklingen von Marschmusik zur Enthusiasmierung, Rhythmisierung und Militarisierung der Teilnehmer
  • Der Blick auf marschierende Kolonnen, die den Mittelweg hinauf und hinab wallten

Die emotionale Vereinnahmung der Teilnehmer war Programm. Sie bildeten eine Feiergemeinde. Auch möglicherweise zunächst distanzierte Zuschauer sollten zu Akteuren eines grandiosen Schauspiels werden, deren Gefühle sich am Ende in einem kollektiven Jubelschrei entluden.

 

„Man brauchte mich! Das Gefühl, nötig zu sein für ein Ganzes, nicht mehr am Rand zu stehen und zusehen zu müssen – dieses Gefühl war neu für mich und wie ein Rausch.“

Renate Finckh, Mit uns zieht die neue Zeit, Baden-Baden 1991

 

„Das Gefühl hatte das Denken zu verdrängen – es mußte selber einem Zustand der betäubten Stumpfheit, der Willens- und Fühllosigkeit weichen; wo hätte man sonst die notwenige Masse der Henker und Folterknechte hergenommen? Was tut eine vollkommene Gefolgschaft? Sie denkt nicht, sie fühlt auch nicht mehr – sie folgt.“

Viktor Klemperer, LTI (Lingua Tertii Imperii). Notizbuch eines Philologen. 2.Aufl., Berlin 1949, S. 243

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